Platte des Monats August 2016
NAO - For All We Know [RCA Records]
Ihr Name verpflichtet: Neo Jessica Joshua aus Ost-London widmet sich als NAO ganz dem Neo-Soul und Future R'n'B. Von der Jazzstudentin und Background Sängerin - zum eigenen Debütalbum, das nicht nur wegen ihres Gesangs imponiert.
Das Intro, das nicht mal eine Minute dauert, lässt ahnen, wohin die Reise mit NAO geht. Oder? Eine zerbrechliche Stimme, die auf ganz viel Gefühl setzt - und die gleich im Anschluss auf "Get To Know Ya" gar nicht mehr so zerbrechlich klingt! Ein starker Track, der NAOs Stimmgewalt sehr gut einfängt; diese Stimme, die das Herzstück des Albums ist, aber durch die Instrumentierung und Beats erst ihre Wirkung zeigt.
"We all got jungle fever"
Ihr Sound bewegt sich weiter in Richtung Mura Masa, Jack Garratt, Mabel oder Disclosure. Das kommt nicht von ungefähr. Sowohl mit Mura Masa ("Firefly") als auch Disclosure ("Superego") hatte sie schon erfolgreich zusammengearbeitet. Für ihr eigenes Debütalbum "For All We Know" zieht die 28-jährige NAO nun alle Register. Sie arbeitet mit verschiedenen Produzenten wie John Calvert (Ghostpoet), Josh Lloyd-Watson und Tom McFarland (Jungle) oder Dan Traynor aka GRADES zusammen.
18 Tracks finden sich auf der Platte - ein paar davon kennt man schon. "Adore You" beispielsweise von ihrer ersten EP "So Good" 2014 oder "Inhale Exhale", Teil der "February 15" EP. "Bad Blood" als erste Vorab-Single des Albums hat man vielleicht auch noch im Ohr. Aber dann sind da noch Perlen wie "DYWM" oder "In The Morning". Tracks, an denen NAO schon Jahre gearbeitet hat, die es bisher aber nicht auf ihre EPs geschafft haben. Auch sie sind natürlich von NAOs Gesang geprägt, aber durch Off-Beats, Drops und Synthies gewinnen sie an Tiefe und treten eine Lawine an Eindrücken los.
"If I was your girlfriend, could you love for two?"
Gleichzeitig ist es ein sehr intimes Album - zum einen aufgrund der Lyrics. Das Thema Liebe spielt eine zentrale Rolle, was auch schon an den Titeln abzulesen ist: Adore You, Fool To Love, Girlfriend. Dabei zeichnet sie das Bild eines unsicheren und schüchternen Mädchens auf der Suche nach Bestätigung. Intim wird das Album aber auch durch die vereinzelten Sprachmemos, die ebenfalls Teil des Albums sind. Hier nimmt uns NAO an die Hand, nimmt uns mit ins Aufnahmestudio. Dabei wird es nie zu aufregend; das Album vermittelt eine derart entspannte Grundstimmung, dass es die Welt kurz anhält. Lässt man sich darauf ein, tragen einen die verschiedenen Soundschichten davon. Mit jedem Mal Hören erkennt man neue Strukturen und Geniestreiche - wie bei "Blue Wine" - die man beim ersten Durchhören nicht gehört hat. Die Entwicklung der Songs und auch NAOs Stimme beanspruchen dafür aber Zeit.
"Don't tell me I'm coo-coo, I know"
Und dann ist da noch Track 9, "Trophy". In den ersten 10 Sekunden könnte man es noch für Britney Spears' "I'm A Slave 4 U" 2.0 halten - da setzt NAOs Stimme auch schon ein und klärt den Irrtum auf. Als Featured Artist arbeitet A. K. Paul (Jai Pauls Bruder) hier wieder mit, der auch auf NAOs ersten EP auf "So Good" schon zu hören war. Und es passt! Auch textlich wagt sie hier mehr als auf den restlichen Songs: nicht mehr verlegen und unsicher, sondern bestimmt tritt sie hier auf. More than just a number / kinda rare / can't afford to purchase me.
"If you think that I'm your trophy, you better change your mind."
"For All We Know" ist ein stimmiges Album, das einer klaren Linie folgt, aber dabei trotzdem mit Text und Melodie experimentiert. Auch dann, wenn man es nicht (mehr) erwartet.
"For All We Know" von NAO erscheint am 29. Juli 2016 bei RCA Records (Sony Music).